Einen hochwertigen weißen Sancerre oder Pouilly Fumé mit einem Sauvignon Blanc aus Deutschland zu vergleichen ist ein Missverständnis. Beide Franzosen sind nämlich Terroirweine par excellence, für deren Charakter der Boden mindestens so bestimmend ist, wie die Aromatik des Sauvignon.
Allgemeines

In den Weinbergen um das kleine Städtchen Sancerre wird der viel zitierte Begriff Terroir schon optisch zur leicht unterscheidbaren Realität. Großflächig gibt es 2 Typen:

Im Talkessel sind kalkige Meeressedimente aus dem Erdzeitalter des Jura an der Oberfläche durch Verwitterungseinflüsse in helle Platten zerbrochen („Les Caillottes“). Die sehr steinigen Böden erwärmen sich rasch und geben die gespeicherte Wärme in der Nacht wieder an die Umgebung ab. Hier reifen die Trauben früh, es entstehen leichte, finessenreiche Weine mit Aromen von Blüten und Zitrusfrüchten.

Das Jura-Sediment ändert seinen Charakter auf den höheren Lagen. Die Muscheltrümmer sind bald konzentriert in reinen Kalkschichten, bald "aufgelöst" in feinem Ton. Diese Sediment-Mischung („Marnes“) zersetzt sich an der Oberfläche, um fette, schwere Böden zu ergeben. Sie bleichen in der Sonne aus und werden hell bis weiß („Terres blanches“). Nur wenig mit Steinen bedeckt, mindert der Weiße Ton die Erwärmung des Bodens und verlangsamt das Wachstum der Rebe, was den Trauben eine spätere Reife beschert. Die Weine sind kraftvoll, strukturiert, vollmundig und exotisch fruchtig. Sie benötigen Zeit für ihre Entwicklung.

Kleinflächig, an der Ostflanke der Bergspitze kommt ein ganz anders, drittes, wesentlich jüngeres Terroir hinzu. Reich an Feuerstein („Silex“) verleiht es den Sancerres neben einer ausgeprägten Mineralität spezielle Aromen von Ginster, Akazie und insbesondere Rauch.

Ähnlich wie in Sancerre unterscheidet man auch am gegenüberliegenden Ufer der Loire, in der AOC Pouilly Fumé, verschiedene Terroirs, die von Kalk, Mergel, Ton oder Silex geprägt sind.

Sowohl ein weißer Sancerre als auch ein Pouilly Fumé ist traditionell eine Cuvée. Verschnitten werden hier aber logischerweise nicht Rebsorten sondern verschiedene Terroirs. Erklärtes Ziel ist, den Weinen Komplexität zu verleihen, in einer Kombination unterschiedlicher, manchmal fast gegensätzlicher Eigenschaften.

Die Weinbautradition der Familie Roger in der kleinen Gemeinde Bué, südwestlich der Stadt Sancerre geht bis ins 17. Jahrhundert zurück. Der heutige Besitzer Jean Paul Roger übernahm von seinen Eltern 1970 ganze 4ha Weinberge, die er bis heute, zusammen mit seinen Söhnen Etienne und Thibault, auf mehr als 30 ha ausweitete. Die Rogers müssen im Keller nicht viel machen an ihren Weinen. Sie entstehen in den Weinbergen, die naturnah, fast biologisch bewirtschaftet werden. Nach einer schonenden Pressung vergärt der Most 4 bis 6 Wochen spontan auf den weinbergseigenen Hefen, was nur mit kerngesunden Trauben möglich ist. Anschließend reifen die Weine 5 bis 6 Monate auf der Vollhefe im Edelstahl. Dieses Zeitfenster der Ruhe im Kontakt mit der Hefe ist neben den hervorragenden Lagen und den alten Reben (bis zu 40 Jahre) wichtigster Bestandteil der Qualitätsphilosophie der Rogers. Alle älteren Rebflächen der Domaine befinden sich entweder in den steinigen „Caillottes“ oder im Bereich der schweren Böden der „Marnes“. Eine kleine Parzelle auf Silexböden wurde erst kürzlich neu angelegt. Obwohl in verschiedenen deutschsprachigen Online-Darstellungen immer wieder klischeehaft behauptet, zeigt folgerichtig keiner der alt bekannten Sancerres von Jean-Max Roger auch nur Andeutungen von Feuersteinaromen.

Die Sauvignon-Trauben für den Sancerre Cuvée Clos Derveau (CD) wachsen in vier unterschiedlichen Parzellen vom Typ „Les Cailottes“ (kalkige, steinige Weinberge mit variierenden Ton-Anteilen). Frische, Frucht und Finesse stehen bei diesem Sancerre im Vordergrund: Aromen von Frühlingsblüten (Weißdorn) und Zitrusfrüchten (Grapefruit, Zitrone), eine wunderbar reife, lebendige Säure umspielt die kalkige Mineralität und gibt dem Wein Struktur und Finesse. Ein erfrischender, geradliniger, perfekt ausgewogener Wein mit gutem Trinkfluss und schöner Länge. Jetzt bis Ende 2016.

Wer den Sancerre Cuvée Les Caillotes/Marnes (CM) im Glas hat, versteht den Sinn der Idee, zwei völlig gegensätzliche Terroirs zu verschneiden. Die aromatische Leichtigkeit, Frische, Finesse und Zitrusfrucht eines „ Les Caillotes“ kommt zusammen mit der Kraft, Fülle und Exotik (Mango) eines „Marnes“: dynamischer kann ein Sauvignon kaum sein. Eigentlich müsste die Fülle die Leichtigkeit überdecken, doch sie behauptet sich und gibt dem Wein Trinkfluss und Lebendigkeit. Aromatische Tiefe und Komplexität, die jetzt, im Sommer 2015 erst am Anfang ihrer Möglichkeiten steht. Weitere Monate und Jahre (bis Ende 2018) der Entwicklung, werden diesem Sancerre bestens bekommen.

Der Pouilly Fumé kommt von Weinbergen mit lehmigen Ton Böden, die teilweise von Kalk- und Kieselsteinen, teilweise mit Feuerstein durchsetzt sind. Grasige und florale Noten dominieren, eine rauchige Mineralität,  die mit der Flaschenreife zunehmen wird und eine reife aber lebendige Säure geben Struktur, Spannung und Trinkfluß.

Die ideale Trinktemperatur der Weißweine liegt zwischen 10 und 12 °C (nicht kälter). Zu allem was aus dem Meer kommt, zu Kalbfleisch oder Geflügel, zu Ziegenkäse (den CD zu jungem, den CM zu gereiftem Crottin de Chavignol).

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